Rede am Markt der Möglichkeiten 2016
Einen Mittschnitt der Rede findet ihr hier.
Liebe Familien, liebe Freundinnen und Freunde, aber ganz besonders: Liebe Erstsemester-Studierende!
Mein Name ist Leon und ich bilde zusammen mit Maleen, Dominik und Sina den Vorstand der Studierendenvertretung für das kommende Jahr. Ich möchte euch herzlich in Freiburg und als neue Studierende an der Universität begrüßen!
Was die Studierendenvertretung ist und macht, soll heute ein Teil meiner Rede sein. Später möchte ich euch noch ein paar Worte zu eurem neuen Studium mitgeben.
In den letzten beiden Wochen, aber spätestens heute konntet ihr die Studierendenvertretung dieser Uni schon kennen lernen. Doch in dieser Form, die euch nun schon bei einigen Gelegenheiten vorgestellt wurde, gibt es uns noch nicht lange. Denn 1977 hatte der damalige Ministerpräsident - und übrigens ehemaliger Nazi-Richter in der NS-Zeit - Hans Filbinger die verfassten Studierendenvertretungen in Baden-Württemberg abgeschafft. Damit wurde den Studierenden ihr politisches Mandat genommen, das heißt, sie durften sich nicht mehr offiziell in ihrem Namen zu hochschulpolitischen und anderen politischen Themen äußern. Außerdem waren ihre Finanzen ab da vollständig an die Zustimmung des Rektors gebunden. Eine freie, unabhängige und angemessene Vertretung der größten Statusgruppe an der Uni war damit nicht mehr möglich.
Allerdings gaben sich die Studierenden mit dieser Art, sie mundtot zu machen, nicht geschlagen: 1978 wurde der unabhängige allgemeine Studierendenausschuss – kurz u-asta – gegründet. Dieser übernahm bis zuletzt die politische Vertretung der Studis an den Unis. Eines seiner größten Ziele war die Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft, was 2012 endlich erreicht wurde.
Anschließend gab es Debatten und Wahlen, wie die Wiedereinführung an unserer Uni umgesetzt werden soll. So wurde das System des Studierendenrats – kurz StuRa – beschlossen, in dem die basisdemokratischen und offenen Strukturen des u-astas fortgesetzt werden. Ihr alle seid automatisch Teil dieses System: Über euer Studienfach seid ihr einem bestimmten Fachbereich zugeordnet. Dort stimmen alle Mitglieder über die Entscheidungen ab, die der StuRa fällen muss. Diese Entscheidungen trägt dann der Vertreter oder die Vertreterin des Fachbereichs in den StuRa. Das heißt, dass ihr alle von Anfang an an jeder Entscheidung mitwirken könnt.
Und das solltet ihr auch, denn nur eure aktive Teilhabe garantiert, dass weiterhin alle Entscheidungen der Studierendenschaft basisdemokratisch gefällt werden können. Wir als Studierendenvertretung stehen für die offenen Strukturen, die wir uns selbst gegeben haben. Dass jeder und jede daran teilhaben kann, ist eines unserer wichtigsten Anliegen.
Außerdem beobachten wir die Umstellung des Lehramtsstudiums von Staatsexamen auf das Bachelor-Master-System kritisch. Zwar werden in dieser Reform auch positiv zu bewertende Ziele verfolgt - zum Beispiel die Sensibilisierung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer für Themen wie Inklusion oder Deutsch als Fremdsprache. Aber gleichzeitig presst die Reform einen weiteren Studiengang in das Bachelor-Master-Korsett, in das es von seiner Gestalt her nicht passen will und auch nicht kann.
Natürlich arbeiten wir noch zu vielen anderen Themen, unter anderem in den Referaten des AStA, die sich bestimmten Themen gesondert widmen. Dazu gehören zum Beispiel das Regenbogen-Referat für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, das Datenschutzreferat, das Referat gegen Faschismus oder auch das Referat für Studierende mit familiären Verpflichtungen. Genaueres zu den Referaten und vieles mehr findet ihr bei unserem Stand unter der Tribüne.
Nun aber erstmal genug der Themen rund um eure Studierendenvertretung. Ich möchte euch jetzt auch noch ein paar Tipps für euer Studi-Leben mit auf den Weg geben.
Wer heute beginnt, zu studieren, kann schnell den Eindruck gewinnen, sich für ein schon fix und fertig geschnürtes Paket entschieden zu haben. Wenn die Wörter Prüfungsordnung, Studienverlaufsplan, Regelstudienzeit oder auch ECTS-Punkte zum ersten Mal auftauchen, kann schnell der Eindruck aufkommen, nicht mehr frei darin zu sein, wie man selbst studieren möchte. Ich möchte euch sagen: Das muss so nicht sein! Ihr seid nun an der Uni und nicht mehr in der Schule. Hier entscheidet ihr selbst, was ihr studieren wollt. Und dazu gehört auch, selbst zu entscheiden, an welchen Stellen ihr die scheinbar vorgegebenen Strukturen verlassen und eigene Wege gehen wollt. Zum Beispiel, indem ihr Veranstaltungen anderer Studienfächer besucht und euch so in den Themen weiterbildet, die euch neben eurem Hauptstudium interessieren. Oder auch, euch selbst Zeit zu geben, für Engagement in oder außerhalb der Uni, ein Urlaubssemester zum Reisen oder für ein Praktikum oder auch mit dem Studium ins Ausland zu gehen, obwohl vielleicht nicht alle Veranstaltungen von dort angerechnet werden können.
Freiheiten sind vorhanden, wenn ihr sie ergreift und nutzt. Ihr könnt selbst Verantwortung für eurer Leben übernehmen. Lasst euch also nicht verunsichern oder abschrecken von scheinbar fest vorgegebenen Rahmenbedingungen für euer Studium. Ihr selbst entscheidet, wie euer Studium ablaufen wird!
Denn das Leben als Studierende ist schließlich dafür da, in vollen Zügen genossen zu werden. Und dazu gehört auf jeden Fall zu einem großen Teil das Leben außerhalb des Studiums. Was es da unter anderem für Möglichkeiten gibt, könnt ihr heute hier beim Markt der Möglichkeiten kennen lernen. Also schaut euch um und macht vor allem was draus: Geht in eine Theater- oder Musikgruppe oder engagiert euch politisch in Fachschaften, Hochschulgruppen oder anders in der Studierendenvertretung. Und lasst neben solchen Dingen natürlich auch nie das Feiern und Tanzen zu kurz kommen. Aber dazu muss ich bestimmt nicht mehr viel sagen - einiges habt ihr sicher schon während der Einführungswochen kennen gelernt.
So bleibt mir nun zum Schluss nur, euch nochmal herzlich willkommen zu heißen. Ich wünsche euch einen guten Start ins Studi-Leben und von Anfang an den Mut, daraus genau das zu machen, was ihr euch darunter vorstellt. Bringt euch ein und nutzt die Freiräume des Studiums voll und ganz aus!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!